Für Konzernchef Vasant Narasimhan führt kein Weg an einer Straffung der Strukturen des Pharmakonzerns Novartis vorbei. Die über 2000 vom geplanten Stellenabbau betroffenen Schweizer Beschäftigten sollen bis Ende dieses Jahres Klarheit über ihre Situation erhalten.
Für den Arbeitnehmerverband „Angestellte Schweiz“ ist der Fall klar: Der Pharmakonzern Novartis müsse auf die «massive Verlagerung» von Stellen aus der Schweiz verzichten und seine Verantwortung für den hiesigen Industriestandort wahrnehmen.
Für Vas Narasimhan, den neuen Konzernchef von Novartis, ist ein Verzicht auf die nun geplante einschneidende Restrukturierung an den Schweizer Standorten der Firma aber keine Option. Wie Narasimhan sagte, sei er mit dem Anspruch angetreten, aus Novartis ein Unternehmen zu formen, das wettbewerbsfähig und führend in der Innovation sei.
Vor diesem Hintergrund erachtet es der seit vergangenem Februar amtierende Konzernchef als unerlässlich, dass die Firma ihre Produktionsstätten effizienter ausrichtet. In den beiden Werken in Stein und in Schweizerhalle, wo neben zukunftsträchtigen Arzneimitteln wie dem Biotech-Medikament Cosentyx gegen Schuppenflechte auch eine Reihe älterer chemischer Produkte hergestellt wird, sollen im Verlauf der nächsten vier Jahre insgesamt bis zu 1’050 Arbeitsplätze verschwinden.
Hart trifft die Restrukturierung aber auch den Basler Hauptsitz. So ist geplant, dass auf dem Campus der Firma im St.-Johann-Quartier 700 Stellen wegfallen, vor allem bei standardisierten Dienstleistungen wie der Finanzbuchhaltung oder dem Personalwesen.
Der Konzern will solche Tätigkeiten noch stärker als bisher auf die fünf in den letzten Jahren aufgebauten Servicezentren in Dublin, Hyderabad, Kuala Lumpur, Mexiko-Stadt und Prag konzentrieren.
Globale Effizienzmassnahmen
Weil Novartis traditionell einen grossen Teil der Verwaltungsdienstleistungen am Hauptsitz erbracht hat, treffen die Effizienzmassnahmen Basel überproportional. In der Produktion sei es dagegen keineswegs so, dass der Konzern das Messer vornehmlich in der Schweiz ansetze, erläuter Narasimhan. Man arbeite global an einer schlagkräftigen Organisation.
Ebenfalls am Dienstag gab Novartis bekannt, im englischen Produktionswerk Grimsby, wo auch noch viele traditionelle Medikamente auf chemischer Basis hergestellt werden, 400 Stellen abzubauen. Eine Verbindung mit dem Brexit verneinte der Konzernchef. Novartis verfolge auch sonst keine Pläne, im Zusammenhang mit dem bevorstehenden Austritt Grossbritanniens aus der EU Aktivitäten auf der Insel zu beschneiden.
Noch 66 Fabriken
Seit Anfang dieses Jahres hat das Unternehmen bereits je eine Fabrik in den USA und in Japan geschlossen, womit die Anzahl der weltweiten Produktionsstandorte auf 66 gesunken ist.
Drei weitere amerikanische Werke werden den Konzernverbund im Zusammenhang mit der vor zwei Wochen angekündigten Veräusserung eines bedeutenden Teils des US-Geschäfts mit Generika an den indischen Konkurrenten Aurobindo Pharma verlassen.
Laut Narasimhan laufen Abklärungen über Anpassungen in weiteren Ländern, doch es lägen noch keine endgültigen Ergebnisse vor.
Der Firmenchef, der seit seinem Amtsantritt auch bei der Konzernstruktur schon zahlreiche Änderungen wie den vollständigen Ausstieg aus dem Geschäft mit nicht rezeptpflichtigen Medikamenten oder die Ausgliederung der auf die Augenheilkunde ausgerichteten Tochterfirma Alcon veranlasst hat, sieht den Pharmasektor auf ein «herausforderungsreiches» Marktumfeld zusteuern.
Der Preisdruck in der Branche werde sich weltweit noch verstärken, was Effizienzmassnahmen ebenfalls unumgänglich mache. Den über 2’000 vom geplanten Stellenabbau betroffenen Schweizer Beschäftigten verspricht Narasimhan, dass sie bis Ende Jahr Klarheit über ihre Situation erhalten werden.
Zunächst will der Konzern mit den Sozialpartnern verhandeln. Der Sozialplan von Novartis umfasst ausser Abfindungen und Frühpensionierungen Umschulungsmassnahmen sowie ein Job-Center für die Unterstützung bei der internen und der externen Stellensuche.